WEISSENHAUS Young Masters, neunte Runde

Sethuraman triumphiert

Starke Leistung, aber keine Norm für die vier deutschen Top-Talente

Der indische Großmeister Sethuraman hat das WEISSENHAUS Young Masters 2024 gewonnen. Im Showdown zwischen Spitzenreiter und Verfolger in der letzten Runde wehrte Sethuraman bis tief ins Endspiel alle Versuche von Pavel Eljanov ab, seinen Rivalen vom Spitzenplatz zu verdrängen. Hätte Eljanov gewonnen, wäre der Ukrainer dank besserer Wertung Erster gewesen. Aber nach 60 Zügen in einem ausgebluteten Endspiel stellte Eljanov die Gewinnversuche ein. 

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In der zweiten Runde hatte Sethuraman die Führung übernommen. Er gab sie bis zum Schluss nicht her. Die 7 Punkte aus 9 Partien des 31-Jährigen entsprechen einer Performance von 2698. | Foto: Sandra Schmidt

Trotz starker Leistungen, keines der vier einheimischen Supertalente hat eine GM- oder IM-Norm geschafft. In der letzten Runde hatte noch Hussain Besou die Chance, mit einer Punkteteilung oder einem Sieg gegen Kaido Kulaots auf die vier zur IM-Norm nötigen Punkte zu kommen. Aber der neunfache estnische Meister setzte Besou unter anhaltenden Druck und entschied die Partie im Endspiel für sich. 

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Das Feld der zehn Teilnehmer am Ende eines intensiven Wettbewerbs. | Foto: Sandra Schmidt

Turnierdirektor Sebastian Siebrecht gab sich nach der Siegerehrung rundum zufrieden. Alle Teilnehmer hätten bis zum Schluss um jeden halben Punkt gekämpft. Das Konzept, erfahrene, gleichwohl ambitionierte Großmeister in einem Rundenturnier gegen Talente antreten zu lassen, hat sich aus Siebrechts Sicht bewährt. Alle WEISSENHAUS-Talente hätten starke Leistungen gezeigt, auch wenn es nicht zur Norm gereicht habe. “Aber das hatten wir ja einkalkuliert, indem wir ein Feld zusammengestellt haben, in dem es für niemanden Geschenke gibt.” Die vier Talente sollen von der Erfahrung eines starken Rundenturniers mittel- und langfristig profitieren. 

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Turnierdirektor Sebastian Siebrecht bei der Siegerehrung. | Foto: Sandra Schmidt

Als beispielhaft für den Kampfgeist aller zehn lässt sich die Partie zwischen Sethuraman und Eljanov heranziehen. Wenn ein Spieler von der Klasse des Inders mit Weiß in erster Linie nicht verlieren möchte, dann ist aus Sicht eines Gegners, der mit Schwarz unbedingt gewinnen will, guter Rat teuer. Aber auch im Angesicht eines remislastigen schottischen Vierspringerspiels versuchte Eljanov alles und erspielte sich sogar leichten Druck. Die Partie war die vorletzte beendete des Turniers. 

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Die Entscheidung: Nach 60 Zügen und vierstündigem Kampf stellt Pavel Eljanov die Gewinnversuche ein, Schiedsrichterin Sandra Schmidt nimmt die Partieformulare an sich. | Foto: Sebastian Siebrecht

Die letzte zwischen Kaido Kulaots und Hussain Besou lässt sich als beispielhaft dafür heranziehen, dass es keine Geschenke gab. Besou war mit den schwarzen Steinen lange dem Ausgleich sehr nahe, und niemand hätte dem 48-jährigen Kulaots am Ende eines anstrengenden Turniers einen Vorwurf gemacht, hätte er einen Friedensschluss angestrebt. Aber der Este wollte partout seinen Erfahrungsvorteil in einen vollen Punkt umsetzen. 63 Züge lang wehrte sich der 13-Jährige nach Kräften – vergebens. Und so fehlte am Ende ein halber Punkt zur Norm. 

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Hussain Besou hatte in der letzten Runde die Chance auf eine IM-Norm, lieferte Kaido Kualots einen großen Kampf, aber am Ende triumphierte die Klasse des neunfachen estnischen Meisters. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy

Als Vorletzter mit 3,5 Zählern hat Besou  dennoch eine 2423-Performance gespielt und in WEISSENHAUS gut 15 Elo gewonnen. Ähnlich sieht es bei den GM-Norm-Kandidaten Marius Deuer und Leonardo Costa aus. Mit 5 Punkten aus 9 Partien teilen sich die beiden den dritten Rang vor drei etablierten Großmeistern (nach Wertung liegt Deuer knapp vor Costa). Für beide wäre mit etwas Glück mehr drin gewesen, und beide gewinnen auch so Elo mit großmeisterlichen Performances von deutlich über 2500. 

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Leonardo Costa zeigte ebenso wie Marius Deuer eine großmeisterliche Performance. | Foto: Sandra Schmidt

Dem Ergebnis nach fällt Christian Glöcker etwas ab. Als jüngster Teilnehmer und als derjenige mit der niedrigsten Elo angetreten, hatte Glöckler einen prima Start mit 1,5/3 und einem überzeugenden, glatten Sieg über Sune Berg Hansen, der zeigte, wozu der Zwölfjährige in der Lage ist. Dann setzte es eine Niederlage, dann noch eine, wahrscheinlich war das Selbstvertrauen angekratzt, und schließlich standen sechs Nullen in Reihe zu Buche. Keine Katastrophe, allenfalls ein kleiner Unfall auf dem Weg zur dritten IM-Norm. Auch Glöckler wird von der Erfahrung des WEISSENHAUS Young Masters profitiren.  

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Ein schlechtes Turnier, das ist schon ganz anderen passiert. Christian Glöckler wird seine Lehren aus dem WEISSENHAUS Young Masters ziehen und noch stärker zurückkommen, als er jetzt schon ist. | Foto: WEISSENHAUS Chess Academy

Von Conrad Schormann

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