Vincent Keymer hat am Sonntag das Supergroßmeisterturnier des traditionsreichen Rubinstein-Memorials in Polanica-Zdroj in Südpolen gewonnen. Schon eine Runde vor Schluss am Samstag hatte sich der 19-Jährige den Turniersieg gesichert. Das Festival, anno 2024 in der 60. Auflage, wird seit 1963 zu Ehren des polnischen Weltklassespielers Akiba Rubinstein (1880-1961) ausgetragen. Rubinstein gilt als einer der Besten, die nie Weltmeister geworden sind.
Vincent Keymer gewinnt das Rubinstein-Festival
Vincent Keymer begann das Rubinstein-Memorial mit einer Fabelleistung. | Foto: Veranstalter
Hätte jemand Keymer vor dem Turnier angeboten, gegen einen Gegnerschnitt von 2687 Elo 6 Punkte aus 9 Partien und eine Eloperformance von 2808 zu erzielen, wahrscheinlich hätte er das Angebot angenommen. Dennoch, trotz eines Eloplus von 11 Punkten und eines Sprungs zurück in die Top 20 der Welt, wird Keymer das Turnier mit gemischten Gefühlen beendet haben. Nach einem überragenden Start setzte es zum Schluss zwei Niederlagen.
Mit fantastischen vier Punkten aus vier Partien war die deutsche Nummer eins ins Turnier gestartet, eine Siegesserie, wie sie auf dem Supergroßmeisterlevel kaum einmal vorkommt. Bis zur siebten Runde setzte sich der Höhenflug fort. Zwei Partien vor Schluss war der Dominator des Rubinstein-Festivals auf Rang 15 der Welt geklettert, hatte 22 Elo gewonnen und spielte das wahrscheinlich beste Turnier seiner Karriere.
Nichts deutete an, dass der Überflieger plötzlich auf dem Boden landet. Keymers Vorsprung war so groß, dass er trotz seiner Niederlage in der achten Runde vorzeitig das Turnier gewonnen hatte. In der neunten traf der Turniersieger auf den Lokalmatador und Mitfavoriten Jan-Krzysztof Duda, der bis dahin nicht überzeugt hatte und nun auf Biegen und Brechen das Turnier mit einem vollen Punkt beenden wollte. Nach einem taktischen Aussetzer Keymers gelang Duda der Sieg.
Neun Partien am Stück ohne Ruhetag gegen sehr starke Gegner sei eine Herausforderung gewesen, sagt Keymer. Der Turniersieger lobt die angenehmen Spielbedingungen auf der Bühne in Polanica-Zdroj. Auch die Ruhe des Kurorts hat ihm gefallen. „Dank meines sehr guten Starts in das Turnier konnte ich zu Beginn schon genug Punkte sammeln, um trotz schwächerer Schlussphase das Turnier zu gewinnen.“
Unterm Strich steht eine starke Leistung. 2808, das ist nicht weniger als absolute Weltklasse. Wenn die beiden Nullen zum Abschluss verdaut sind, hat Keymer Anlass, optimistisch die nächste Aufgabe anzugehen. Ab dem 10. September wird er die deutsche Nationalmannschaft bei der Schacholympiade 2024 in Budapest anführen.