Leonardo Costa hat beim Schachfestival in Budapest seine erste Großmeisternorm erzielt! Mit seiner Elozahl von 2486 auf Rang 22 des gut 200-köpfigen Feldes gesetzt, beendete Leo den Wettbewerb als geteilter Erster mit 7 Punkten aus 9 Partien. Ohne Niederlage stürmte Leonardo durch das Turnier, gewann fünf Partien und remisierte vier. Die Elo-Performance des 16-Jährigen war schon großmeisterlich: 2648. Zum Großmeistertitel fehlen ihm noch zwei Normen.
Großmeisternorm für Leonardo Costa!
Leonardo Costa nach seinem Triumph in Budapest. | Foto: Vincenzo Costa
„Ich bin glücklich, dass es endlich mit der ersten Norm geklappt hat“, sagt Leonardo. Zuletzt war er zweimal nahe dran. In der zurückliegenden Zweitligasaison hatte er mit 8 Punkten aus 9 Partien sogar fast ein Weltklasseergebnis erzielt, aber die Gegner waren knapp nicht gut genug, dass es für eine Norm gereicht hätte. Dann, über Ostern beim Grenke-Open, scheiterte er erneut um Haaresbreite an der ersten Norm für den höchsten Titel, den es im Schach gibt.
Mit Marius Deuer war ein weiterer Spieler der WEISSENHAUS Chess Academy in Budapest am Start. Beide, Costa und Deuer, verzichteten auf die parallel laufende Deutsche Meisterschaft der Jugend in Willingen. Um sich mit möglichst starken Gegnern zu messen und Normen erzielen zu können, fuhren sie an die Donau statt ins Sauerland. Allein 25 Großmeister stritten im stark besetzten Budapester A-Turnier um Preisgeld und Elopunkte.
Die Dramaturgie des Wettbewerbs hätte sich ein Drehbuchautor nicht besser ausdenken können, auch wenn der Showdown unseren beiden Helden wahrscheinlich nicht so gut gefallen hat. Leo und Marius marschierten acht Runden lang im Gleichschritt durch das Turnier, beide in stetem Kontakt mit der Tabellenspitze und beide mit einer GM-Norm in Sichtweite. Nach 8 Runden standen beide bei 6 Punkten. Dann sollten sie in der letzten Runde aufeinandertreffen, und das hieß, es kann nur einen geben.
Ganz knapp würde in dieser letzten Partie weder Leonardo noch Marius ein Remis zur Großmeisternorm reichen. Das FIDE-Reglement schreibt vor, dass 6,5 Punkte aus 9 Partien nur dann eine Norm sind, wenn der Elodurchschnitt der Gegner mindestens 2434 beträgt. Leos Durchschnitt stand bei 2429, Marius‘ bei 2428. Ergo: Wer gewinnt, bekommt die Norm, wer verliert, geht leer aus, und im Falle eines Unentschiedens würden sogar beide leer ausgehen. Eine brutale Konstellation.
Der Druck des Gewinnenmüssens hielt Leonardo und Marius nicht davon ab, eine couragierte Partie aufs Brett zu zaubern. Die Eröffnung gewann eher Leo, der sich mit den schwarzen Steinen in einer Nimzo-Indischen Verteidigung prächtiges Figurenspiel erkämpfte. Marius wollte nicht nur zuschauen, aber sein Versuch, entschieden dagegenzuhalten, war wahrscheinlich zu ambitioniert. Leo übernahm endgültig das Kommando. Er steuerte die Partie in ein Schwerfigurenendspiel, das nach einem Spiel auf ein Tor aussah.
Um Gegenchancen zu bekommen, opferte Marius einen Bauern, um ein Damenendspiel zu bekommen, in dem seine Dame die aktivere sein würde. Ein einziger Fehler auf Seiten von Leo führte dazu, dass Marius seine Chance bekam, die Partie zu halten. Zwar erfreute sich Leo eines Freibauern, aber Marius aktive Dame hinderte diesen Bauern daran, sich in Bewegung zu setzen.
Der Vergleich der beiden 16-jährigen Virtuosen schien auf ein Remis hinauszulaufen – für beide ein schlechtes Ergebnis. Schließlich fand Leonardo einen letzten Trick, der der festgefahrenen Partie Leben einhauchen würde. Er bereitete vor, seinen Freibauern zu opfern, um danach eine versteckte Fesselung aufzubauen, die ihm einen neuen Freibauern einbringen würde. Marius, in der Annahme, die Partie sei remis, übersah kurz vor der Zeitkontrolle den Trick, den Leo vorbereitet hatte.
Plötzlich war wieder Schwarz am Drücker. Sein Übersehen zeigte Wirkung bei Marius. Das Damenendspiel, das eben noch remis war, entglitt ihm vollständig. Nach gut 50 Zügen war es vorbei. Leonardo hatte gewonnen und sich die GM-Norm gesichert.
Der Showdown zwischen Leonardo Costa und Marius Deuer im Video:
Wenn die Enttäuschung verflogen ist, wird auch Marius feststellen, dass er ein starkes Turnier gespielt hat. Seine 6 Punkte aus 9 Partien bedeuten eine Performance von über 2554, ein großmeisterliches Ergebnis, das ihm zwar keine Norm, aber einen schönen Elogewinn beschert. Beide, Marius und Leonardo, spielen seit Monaten auf einem so starken Level, dass (weitere) Großmeisternormen eine Frage der Zeit sind.
Abschlusstabelle: Die Top 20 von gut 200 Spielerinnen und Spielern im A-Turnier des Budapester Schachfestivals. | via chess-results.com
Und was kommt als Nächstes? Darauf gibt Vincenzo Costa, Leonardos Vater, eine klare Antwort: „Im Juni viele Schulaufgaben.“ Aber am Horizont sind schon die nächsten Schachturniere zu sehen. Leonardo plant, im Juli in der ersten portugiesischen Liga zu spielen. Später im Jahr steht unter anderem ein Normturnier in Rosenheim an, dann die Deutsche Meisterschaft. Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler habe Leonardo als besten deutschen Junior nominiert, verrät Vater Costa. „Außerdem freue ich mich auf die nächste Bundesligasaison beim HSK und die Events der WEISSENHAUS Chess Academy“, ergänzt Leonardo.